Der Künstler
„Zeiller, Ottomar, Bildhauer, bes. Kleinplastiker, * 21.11.1868 St. Vigil im Enneberg (Südtirol), + 9.6.1921 Innsbruck.
Schnitzte hauptsächl. winzige Holzfigürchen: Typen aus dem Tiroler Volksleben, u.a. auch e. kleine Büste von Albin Egger-Lienz (im Bes. der Nachkommen des Malers). Leitete zeitweilig eine Zeichensch. in Berlin, lebte später in Heiligkreuz b. Hall i.T.
Lit.: Innsbr. Nachr., 1905, Nr 201. – Die Plastik, 2 (1912) 30f.; Taf. 29. – Berliner Ztg am Mittag, 23.8.1012 (M. Osborn). – N. Wiener Tagbl., 5.7.1921 (H. Greinz, Knulp aus Tirol).
O. v. Lutterotti“
In: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Unter Mitwirkung von etwa 400 Fachgelehrten bearbeitet und redigiert von H. Vollmer, B.C. Kreplin, H. Wolff, O. Kellner. Hg. v. Hans Vollmer. 36. Bd., Leipzig: Verlag von E. A. Seemann 1947, 437.
Details zum Werdegang
Zeiller, in Enneberg (heute Südtirol) geboren, genoss eine gutbürgerliche Bildung und schloss ein Medizinstudium ab. Statt aber dann zu promovieren oder die praktische Phase anzuschließen, ging er nach Berlin, um dort als Bildhauer und Modelleur zu arbeiten. Studien an der Städtischen Modellierschule in München und an der Großherzoglichen Badischen Akademie der bildenden Künste in Karlsruhe bei Ludwig Schmid-Reutte folgten. Wieder in Berlin eröffnete er eine eigene Zeichenschule, schnitzte seine kleinen Figuren, stellte diese erstmals 1904/1905 aus und fertigte auch bereits Bronzeabgüsse an. 1908 folgte Zeiller einem Ruf an die Fachschule für Holzarbeiten in Gröden, doch beendete er die gut dotierte Anstellung von sich aus nach zwei Jahren, um wieder als freier Künstler zu leben.
Dem zeitgenössischen Trend zum „Großen“ folgte er nicht. Während etwa Auguste Rodin (1840–1917) seinen „Denker“ (1904) für den öffentlichen Raum vergrößerte, erprobte Zeiller wohl etwa zeitgleich die Verkleinerung: Sein „Denker“ ist 1,7 cm groß, 10,7 cm mit „Sockel“, der allerdings in vielen Fällen einfach der längere Teil des Schnitzholzes zum Festhalten ist. Es zeigt sich anschaulich, wie knapp der Raum ist, aus dem Zeiller seine Figuren herausarbeitete (siehe z.B. ID132: https://zeiller2.literaturtirol.at/omekas/s/zeiller/item/1963).
Seine Freundschaft mit dem gleichaltrigen Maler Albin Egger-Lienz (1868–1926), der großformatige Ölgemälde schuf, ist vor diesem Hintergrund überraschend, aber nicht unlogisch – beide loteten Grenzen aus und kamen sich dabei nicht in die Quere. Zeiller schuf von Egger-Lienz auf dessen Wunsch 1912 eine Porträtfigur (7,5 cm groß ohne Sockel). Wie durch Briefe belegt ist, erbat Egger-Lienz auch einen Silberguss. Leider war dieser nicht aufzufinden. Immerhin gibt es, wie sich jetzt dank des Katalogs zeigen lässt, eine kleinere Ausführung in Holz (wohl eine Vorstufe oder Studie), dann die Holzfigur, die als Gussvorlage diente, sowie drei Bronzeabgüsse (ID013, ID024, ID034, ID377, ID378, siehe z.B. ID024: https://zeiller2.literaturtirol.at/omekas/s/zeiller/item/1855).
Auch bei anderen Figuren darf man Porträts vermuten, doch wird sich das in den meisten Fällen nicht eindeutig feststellen lassen. So dürfte die an anderer Stelle als „Schreitende Bauer“ betitelte Figur den auf dem linken Ohr schwerhörigen Adolf Loos darstellen, der im Bekanntenkreis Zeillers vermutet werden kann (Die Holzfigur und zwei Abgüsse haben sich an verschiedenen Orten gefunden, vgl. ID028, ID041, ID098, siehe ID098: https://zeiller2.literaturtirol.at/omekas/s/zeiller/item/1929). Und die Figur des Wirts kann ebenso ein Porträt darstellen wie allein eine Typisierung sein (siehe z.B. ID019: https://zeiller2.literaturtirol.at/omekas/s/zeiller/item/1850).